2016 05 SCHIFF CLASSIC.pdf

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SCHIFF
Classic
5/2016
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Oktober
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SCHIFF
Classic
Schiff & Zeit
91
Magazin für Schifffahrts- und Marinegeschichte
Wie die Kriegsmarine de
neuen Schiffstyp entwickelte
Deutsche Zerstörer
n
Die Koggen der Hanse
So sicherten sie den Erfolg des Kaufmannsbundes
Minenkrieg 1939:
Erbittertes
Ringen in der Nordsee
De Ruyter 1667:
Der einzige
Bezwinger der Royal Navy
Vor 30 Jahren:
Katastrophe
der
Admiral Nachimow
ex
Berlin
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Deutschland
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EDITORIAL
das Passagierschiff
Admiral Nachimow
(siehe
Seite 24 bis 27) hatte drei Leben: ein deut-
sches, ein sowjetisches und ein drittes als wir-
kungsmächtiges Zeichen in der allmählich
zerfallenden UdSSR. Doch der Reihe nach …
Zunächst ist es eine Erfolgsgeschichte, als
die beim Bremer Vulcan vom Stapel gelaufene
Berlin
1926 ihre erste Atlantik-Überquerung
meisterte, um dann zwischen 1933 und 1939
im nationalsozialistischen Deutschland für
Urlaubs- und Vergnügungsreisen zur Verfü-
gung zu stehen. Im Zweiten Weltkrieg diente
sie als
Lazarettschiff A,
auf dem Verwundete
transportiert und versorgt wurden. Minen-
treffer machten die
Berlin
gegen Kriegsende
zum Wrack, das nach alliierter Übereinkunft
der Sowjetunion zugesprochen wurde.
In der Sommersaison befuhr die moderni-
sierte und zum Kreuzfahrtschiff ausgebaute
Admiral Nachimow
die „Krim–Kaukasus-Rou-
te“ mit den Häfen Jalta, Sotschi, Batumi und
Noworossisk. In der Wintersaison bot die Ree-
derei Kreuzfahrten im Schwarzen Meer und
im Mittelmeer an. Die
Admiral Nachimow
dien-
te sogar einmal als Kulisse in dem Film
15 Tage
des Jahres,
der 1962 in die Kinos kam.
Traurige Berühmtheit aber erlangte das
Passagierschiff am 31. August 1986, mithin
vor 30 Jahren, bei einer Kollision mit dem
Frachter
Pjotr Wassew
im Schwarzen Meer.
Der Untergang offenbarte mit einem Mal den
hoffnungslos maroden Zustand des Regimes:
Informationen der Katastrophe, bei der 423
Menschen den Tod fanden, wurden zurück-
gehalten, Regierungsstellen leugneten und
vertuschten Details und Zusammenhänge.
Im Frühjahr erst hatte der Reaktor-Unfall
in Tschernobyl die Welt erschüttert.
Die Folgen dieses nuklearen Super-
GAUs waren noch nicht einmal im
Ansatz abzusehen, da ereignete sich
mit der Havarie der
Admiral Nachi-
mow
das nächste schwere Unglück.
Der Kreml tat zunächst alles, um den
Vorfall herunterzuspielen und dem
Westen, der ausführliche Nachrichten
darüber verbreitete, Propaganda und
Panikmache vorzuwerfen. Erst als sich Mi-
chail Gorbatschow, damals Generalsekretär
der KPdSU, persönlich einschaltete, löste sich
die Verkrampfung: Nachrichtensender und
Zeitungen berichteten in einer Offenheit, die
es bis dahin nicht gegeben hatte und die auf-
horchen ließ. Und jetzt wurde auch erst pu-
blik, dass einige Wochen vor dem größten
Schiffsunglück im Schwarzen Meer in Frie-
denszeiten eine Gutachterkommission zu
dem Schluss gekommen war, dass das Schiff
für einen Weiterbetrieb längst keine Eig-
nung mehr besessen hatte – und dennoch aus-
gelaufen war, weil Kreuzfahrten ein lukrati-
ves Geschäft waren.
Das Schiff befand sich schon seit geraumer
Zeit in einem unverantwortlichen Zustand
mit überholter Technik und heruntergekom-
menem Personal – geradezu ein Spiegelbild
des politischen Systems, dessen Zeit unwider-
ruflich zu ende ging. Der schreckliche Unfall
der
Admiral Nachimow
Ende August 1986
schien wie ein großes, reinigendes Gewitter
zu wirken. Er wurde zum Symbol des Unter-
gangs der alten Sowjetunion und des Auf-
bruchs zu neuen Ufern unter den schillernden
Begriffen
Glasnost
(Durchsichtigkeit) und
Pe-
restroika
(Umbau).
Viel Erkenntnisgewinn bei der Lektüre
und immer eine Handbreit Wasser unter dem
Kiel wünscht Ihr
Dr. Guntram Schulze-Wegener,
Fregattenkapitän d. R.,
Herausgeber und Verantwort-
licher Redakteur
Das Kreuzfahrtschiff
Admiral Nachimow
wurde zum Symbol
des untergehenden
Sowjetreiches
Foto: Sammlung Oesterle
SCHIFFClassic
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INHALT
TITELTHEMA
|
Koggen und die Zeit der Hanse
Ein neuer Schiffstyp setzt Maßstäbe
Im Krieg und Frieden
Koggen, die wichtigsten Transportmittel der Hanse, bilden den Übergang vom watten-
meertauglichen Küstenschiff zum hochseetüchtigen Handelsschiff, das im gesamten
Nord- und Ostseebereich einsatzfähig war
Von Dr. Heinrich Walle
5 kurze Fakten
ZEIT:
13. bis 16. Jahrhundert
ORT:
Nord- und Ostsee
GRUND:
Profit und Krieg
VERLAUF:
Verdrängung der Kogge durch Holk und dreimastigen Kraweel
ERGEBNIS:
Revolutionärer Schiffstyp zum Transport großer Warenmengen
I
m Oktober 1962 war der Schneidkopfsau-
ger
Arlesienne
gerade mit Baggerarbeiten
zur Erweiterung der Weser beschäftigt, als
er gegenüber dem Bremer Europahafen auf
ein merkwürdiges Wrack stieß, das die Fort-
führung der Arbeiten ernstlich behinderte.
Es stak am äußersten Ende und tief am Ab-
hang einer sich weit in die Weser erstrecken-
den Landzunge. Diese war der Rest des dort
bis zur neuen Uferböschung abgebaggerten
Rablinghauser Grodens.
Dass die entdeckten Überreste eines höl-
zernen Schiffes wohl aus einer fernen Ver-
gangenheit stammen mussten, erkannte be-
reits der Hafenbaudirektor Dr. Dietrich
Wiegmann, der ohne zu zögern den damali-
gen Leiter der Schifffahrtsabteilung des Bre-
mer Focke Museums, Dr. Siegfried Fliedner,
um Sichtung und Bewertung des Fundes bat.
Bei der Inaugenscheinnahme am 9. Oktober
1962 sah der Bremer Historiker durch den
Vergleich mit Koggensiegeln des 13. und
14. Jahrhunderts sowie an der in einem gera-
den Achtersteven endenden Kontur des
Schiffsrumpfes, dass es sich hier um eine
Kogge aus dem Mittelalter handelte.
Dafür sprachen auch die in Klinkerbau-
weise genagelten Plankengänge von auffal-
lender Breite und die mächtigen, durch die
Bordwand stoßenden Querbalken, wie sie
auf den Stadtsiegeln von Damme (1275) und
von Hardewijk (1280) dargestellt sind. Das
Danziger Siegel von 1371 mit dem Bild einer
Kogge, die ein den Rumpf überragendes
UNWIRKLICH:
„Im Hafen einer Hansestadt“
lautet der Titel dieser um 1900 entstandenen
Farblithografie. Die historische Wirklichkeit
wird allerdings stark verzerrt, da die Schiffe
jener Zeit lediglich Kampfplattformen waren,
aber keine eigenständigen, mit Kanonen be-
Foto: picture-alliance/akg
stückten Kriegsschiffe
12
SCHIFFClassic
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TITELTHEMA
Technik, Entwicklung und Einsätze
Koggen und die Zeit der Hanse
..................................................
12
KOGGE AUF SEE:
Die
Ubena von Bremen
wurde
anhand
von Wrackteilen
nachgebaut,
die man
1962
in
der
Weser entdeckt hatte
Foto Erlebnis Bremerhaven GmbH
DAS BESONDERE BILD
Entdecker & Eroberer
Claus Bergen: U 53 im Atlantik
..................................................................................
6
MARITIMES PANORAMA
Admiral Michiel de Ruyter
................................................................................................
30
Ereignisse & Schicksale (2)
Wissenswertes und Vergnügliches
rund um die Seefahrt
.....................................................................................................................
8
MENSCHEN
Ereignisse & Schicksale (1)
Seenotkreuzer
Minden
..............................................................................................................
38
Ereignisse & Schicksale (3)
150 Jahre DGzRS – die Chronik
..............................................................................
40
GESCHICHTE
Strategie & Taktik
Untergang der
Admiral Nachimow
......................................................................
24
Seemannschaft & Bordleben
Rom und das Mittelmeer
.....................................................................................................
42
Titelbild: Gefangennahme von Klaus Störtebeker. Gemälde von Olaf Rahardt
Manöver um 1900
............................................................................................................................
28
4
MENSCHEN
|
Ereignisse & Schicksale
BELIEBT:
Für die verhängnis-
volle letzte Fahrt hatte der
„Republikrat für Tourismus
und Exkursionen der Ukraine“
für 888 Urlauber eine Schwarz-
meer-Tour gebucht
Foto: Sammlung Oesterle
MENSCHEN
|
Entdecker & Eroberer
erschütterte ein Minentreffer die
Berlin.
Vor-
sichtig drehte das Schiff auf Gegenkurs und
lief erneut auf eine Mine, die britische Flug-
zeuge zuvor in dem betreffenden Seegebiet
abgeworfen hatten. Es sank auf ebenen Kiel
bis zum grünen Streifen (Bestandteil der in-
ternationalen Kennzeichnung für Lazarett-
schiffe). Ein Toter und mehrere Verletzte
waren zu beklagen. Die Besatzung und das
Sanitätspersonal verließen die
Berlin
am
1. Februar 1945.
Admiral Michiel de Ruyter
FOUR DAY’S BATTLE:
Die legendäre
Viertageschlacht vom 11. bis 14. Juni
1666 zwischen England und den
Niederlanden mit de Ruyters Flaggschiff
De Zeven Provincien
im Vordergrund.
Gemälde von Abraham Storck
Foto: Interfoto/National Maritime Museum London/The Art Fund
Nur noch ein Wrack
Im Rahmen der alliierten Verteilung der
deutschen Handelsflotte wurden der Sow-
jetunion die Wracks in der Ostsee zugespro-
chen, darunter auch die
Berlin.
Nachdem
sich die sowjetische Regierung entschlossen
hatte, das Schiff zu heben und instand setzen
zu lassen, begann eine Spezialeinheit der
Baltischen Rotbannerflotte 1946 mit den Ar-
beiten. Taucher dieser Einheit und zivile Tau-
cher dichteten die Lecks ab. Während der
Arbeiten wohnte das Personal im Boots- be-
ziehungsweise Promenadendeck.
In der Neujahrsnacht 1946/47 explodierte
eine deutsche Sprengladung in etwa acht
Meter Entfernung vom Schiff und riss die
provisorischen Leckabdichtungen weg. Das
Wrack sank erneut und wurde kurze Zeit
später auch noch vom Frachter
Kronstadt
am
AUF GROSSER FAHRT:
Die spätere
Nachimow
kam als
Berlin
am 26. September 1925 für
den Norddeutschen Lloyd im Liniendienst auf der Route zwischen Bremen, Southampton,
Cherbourg und New York in Dienst
Foto: Sammlung Oesterle
Englands
bester Feind
Schon zu Lebzeiten war er eine Legende – und ist es bis heute
geblieben, denn nie wieder sollte ein einzelner Admiral die Royal
Navy durch seine Siege so kriegsentscheidend bezwingen wie der
eigensinnige Mann aus der Hafenstadt Vlissingen
Von Alain Felkel
Heck gerammt. Nach erneuter Aufnahme
der Bergungsarbeiten schwamm die ehema-
lige
Berlin
am 15. September 1947 auf.
Im Dock der Werft Morskoi Sawod in
Kronstadt erhielt das Schiff seinen neuen Na-
men
Admiral Nachimow.
Den Lazarettschiff-
anstrich überpönte das Werftpersonal mit
schwarzer Farbe. Am 2. Mai 1957 übernahm
die UdSSR offiziell die
Admiral Nachimow.
Beim Verlassen der Werft kam das Schiff
kurzzeitig fest und beschädigte sich den
Backbordpropeller. Die begleitenden Schlep-
per brachten ab und die Reise konnte fortge-
setzt werden. Nach Zwischenstopps in den
Niederlanden zur Propellerreparatur und in
Sewastopol erreichte die
Admiral Nachimow
den neuen Heimathafen Odessa im Schwar-
zen Meer.
Legendäre Route
In der Sommersaison befuhr das Schiff die
sogenannte Krim–Kaukasus-Route nach ei-
nem festgelegten Fahrplan. Dazu gehörten
die Häfen Jalta, Sotschi, Batumi und Nowo-
rossisk. In der Wintersaison bot die Reederei
Kreuzfahrten im Schwarzen Meer und im
Mittelmeer an. Verdienstvolle Werktätige,
vorrangig der Schwerindustrie, konnten sich
bei Kurzkreuzfahrten erholen, die staatliche
Stellen organisierten.
Als Kulisse diente die
Admiral Nachimow
in dem Film
15 Tage des Jahres,
der 1962 in die
Kinos kam. Inzwischen bestimmte die Ku-
ba-Krise das Weltgeschehen und bescherte
dem Schiff eine neue Aufgabe als Truppen-
transporter.
Die Fahrten verliefen unter strenger Ge-
heimhaltung. Dazu Kapitän Sobolew in sei-
nen Erinnerungen: „Das Deck füllte sich
schnell mit jungen Männern, die zwar zivil,
aber alle einheitlich gekleidet waren. Ein Ad-
jutant brachte zwei versiegelte Päckchen, die
nur nach Anweisung zu öffnen waren. In
Höhe Kap Cherson sollte ich das erste öff-
nen, um zu erfahren, welche Weisungen
Konteradmiral Charlamow für uns hatte:
Fahrtziel Kuba – Anweisungen zur Bospo-
rus-Passage.
Den Beamten vom Behördenkutter tischte
man die perfekt vorbereitete Variante vom
Austausch von Fischereibesatzungen auf.
Vor 30 Jahren: Untergang der
Admiral Nachimow
HINTERGRUND
Berühmter Name
Die
Admiral Nachimow
war nach dem zaristi- Nach ihm wurden folgende Schiffe benannt:
schen Admiral Pawel Nachimow benannt, der
russischer Panzerkreuzer (1905 gesunken)
1855 im Krimkrieg gefallen war, in dem sich
sowjetischer Leichter Kreuzer der
Swetlana-
Russlands wirtschaftliche Schwäche offen- Klasse (1941 versenkt)
barte. Die völlig rückständige Industrie hatte
sowjetisches Passagierschiff, ursprünglich
dem Heer nicht die notwendigen Waffen und
Berlin
(Untergang 1986)
der Flotte keine Kohlen liefern können, zudem
sowjetischer Kreuzer der
Swerdlow-Klasse
lähmte Korruption den gesamten militäri-
sowjetischer Raketenkreuzer der
Kresta-II-
schen Nachschub. Die Niederlage bewirkte Klasse (1991 abgewrackt)
einen nationalen Aufschwung, der seitdem
sowjetischer beziehungsweise russischer
Schlachtkreuzer der
Kirow-Klasse
mit dem Namen Nachimow verbunden ist.
Drama im Schwarzen Meer
Am 31. August 1986 kollidierte das Passagierschiff mit einem Frachter und sank
binnen weniger Minuten, 423 von 1.234 Personen kamen ums Leben. Mit ihr ver-
schwand auch ein Stück deutscher Schifffahrtsgeschichte
Von
Bernd
Oesterle
A
ljona und Jurij Pawlikowskij befanden
sich gerade auf ihrer Hochzeitsreise,
als die
Admiral Nachimow
mit dem
Frachter
Pjotr Wassew
zusammenstieß. „Ich
bin ein schrecklicher Feigling und habe ge-
heult“, gestand Aljona Pawlikowskaja später,
„Jurij behielt einen klaren Kopf, er fand die
Schwimmwesten und half mir. In der Dun-
kelheit rannten wir hinaus an Deck. Es war
ganz furchtbar. Alles sackte unter unseren Fü-
ßen weg. Wir rutschten regelrecht über Bord.
Die Menschen schrien.“
Es war das Ende eine stolzen Schiffes, das
am 24. März 1925 beim Bremer Vulcan für
den Norddeutschen Lloyd als
Berlin
vom
Stapel gelaufen war. Ein halbes Jahr später
folgte die erste Atlantik-Überquerung von
Bremerhaven aus. In die Weltpresse gelangte
das Schiff, als es der Besatzung unter drama-
tischen Umständen gelang, 23 Überlebende
der britischen
Vestris
zu retten.
Nach der Machtübernahme der National-
sozialisten 1933 charterte die Deutsche Ar-
beitsfront (DAF) ab 1934 das Schiff für Ur-
laubsreisen. Unter strenger Geheimhaltung
verlegte die
Berlin
im November 1936 im
Rahmen der Operation „Rügenübung“ nach
Swinemünde. Vorrangig Angehörige der
deutschen Luftwaffe belegten nun die Kabi-
nen mit dem Ziel Spanien zum Aufbau der
„Legion Condor“.
Im Kriegseinsatz
Wie auch bei anderen Passagierschiffen
überstieg das Angebot die Nachfrage und so
entschloss sich die Reederei, am 17. Oktober
1938 das Schiff aufzulegen. Im Mai 1939
charterte die NS-Organisation „Kraft durch
Freude“ (KdF) die
Berlin
für die letzten bei-
den Urlaubsfahrten unter ziviler Flagge. Mit-
te Juli 1939 übernahm die deutsche Kriegs-
marine die
Berlin.
Nach einer Havarie begannen Reparatur-
und Umbauarbeiten zum
Lazarettschiff A,
das die Kriegsmarine am 23. August 1939 in
Dienst stellte. Unterbrochen von einigen
Zwischenstationen in Ostseehäfen, verbrach-
te das Lazarettschiff
Berlin
seine Dienstzeit
überwiegend in Norwegen. Ende 1944
zwang aber die Kriegslage zur endgültigen
Rückkehr in die Ostsee. Von Pillau kom-
mend, erreichte das Schiff am 28. Januar 1945
Swinemünde, um Vorräte zu ergänzen. In
Höhe der Kriegsansteuerungstonne (KAT)
LEGENDÄR:
Vernichtung der türkischen Flotte im Hafen von Sinope durch die Russen
unter Vizeadmiral Pawel Nachimow am 30. November 1853
Foto: picture-alliance/akg
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GESCHICHTE
|
Strategie & Taktik
GESCHICHTE
|
Seeschlachten & Gefechte
BLÜHENDER HANDEL:
Ausschif-
fung wilder Tiere in einem römi-
schen Hafen. Neue Eroberungen
brachten Reichtum und Wohlstand
Foto: picture-alliance/akg
Kleine Einheiten im Fokus
Kampf im
Küstenvorfeld
1939: In den ersten Monaten des Zweiten Weltkrieges
legten Deutsche und Briten sowohl mit defensiver
als auch mit offensiver Absicht Tausende von Minen.
U-Boote, Kreuzer, Zerstörer, Torpedoboote, Minenschiffe
und Flugzeuge bestimmten die Szenerie
Von Dr. Armin Kern
Drehscheibe
Mare Nostrum
Die Römer liebten das Meer nicht – aber sie nutzten es mit wirtschaftlichem
Verstand. So machten Händler und Seeleute auf ihren Schiffen das Mittelmeer
zu einem Segen für die Menschen
Von Dr. Pascal Warnking
42
Goldene Zeiten
K
nochen und Planken sind verrottet,
ein Rammsporn blieb. Jeffrey Royal
zog ihn mit seinem Team aus Unter-
wasserarchäologen vor zehn Jahren aus dem
Wasser. Dann noch einen und noch einen und
noch einen. Elf insgesamt, verstreut über den
Meeresgrund vor der Westspitze Siziliens.
Die Sensation war perfekt: Zum ersten Mal
war das Schlachtfeld einer antiken See-
schlacht entdeckt – und was für ein Schlacht-
feld! Achtzig Schiffe, Tausende Seeleute und
Soldaten versanken hier am 10. März des Jah-
res 241 v. Chr. in den Fluten.
In der Schlacht bei den Ägatischen Inseln
schlug Rom Karthago vernichtend, beendete
den Ersten Punischen Krieg und errang die
Seeherrschaft über weite Teile des Mittel-
meers. Bald stellte sich auf dem Mare Inter-
num und an seinen Küsten kein Gegner
mehr römischen Interessen entgegen. Fortan
nannten die Römer es
Mare Nostrum,
„unser
Meer“.
Fast 400 Jahre später, unter Kaiser Anto-
ninus Pius, pries der Redner Aelius Aristides
Rom als „gemeinsamen Handelsplatz der
ganzen Welt“. Er schrieb: „Hier kommt alles
zusammen: Handel, Schifffahrt, Ackerbau,
Metallveredelung, Künste. Was man hier
nicht sieht, existiert nicht und existierte nie.“
Rom beherrschte inzwischen die damals be-
kannte Welt nicht nur militärisch, sondern
auch kommerziell. Der militärische Erfolg
Roms ist zur Genüge erforscht und die Grün-
S.
42
43
VOLLE FAHRT:
Deutsche Minenräumboote im Einsatz in
der Ostsee 1939. Insgesamt wurden bis Kriegsende rund
300 (stets weiterentwickelte) R-Boote in Dienst gestellt,
die auf allen Seekriegsschauplätzen auftraten, sich aber
besonders im Ärmelkanal bewährten
Foto: picture-alliance/akg-images
S.
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49
MEINUNG
TECHNIK
|
Waffen & Gerät
Schnell, kampfstark, zuverlässig
„Skagerrak-Tag“
ein notwendiges Gedenken
Am 31. Mai 2016 würdigte die britische Regie-
rung den 100. Jahrestag der Skagerrakschlacht
unter anderem mit feierlichen Gedenkveranstal-
Von Lutz Adam
tungen auf den Orkney-Inseln
Zerstörer der
Kriegsmarine
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges
verfügte das Deutsche Reich nur
über 21 einsatzbereite Zerstörer –
viel zu wenig, um den zahlreichen
Aufgaben gerecht zu werden. Selbst
der Weg dahin war steinig. Ein Blick
in die Entwicklungsgeschichte
Von Hans Karr
Gedenkgottesdienstes wurden erläuternde Einspielfil-
me gezeigt, die späteren Akteure, der Ortspfarrer und
der deutsche Militärdekan, gaben Interviews, ortsan-
sässige Passanten wurden befragt und erzählten von
ihren persönlichen Verbindungen zum ehemaligen
Stützpunkt der Flotte und den in der Schlacht gefallenen
Vorfahren. Abwechslungsreich und dem Anlass ange-
messen seriös wurde der Zuschauer an das histori-
sche Geschehen herangeführt, ohne dabei stumpf be-
lehrt zu werden.
Unser Bundespräsident, der gemeinsam mit Prinzes-
sin Anne die Heimatländer der seinerzeit an den Kampf-
handlungen beteiligten Soldaten repräsentierte, fand zu-
dem die richtigen Worte, die die Nachgeborenen zum
friedlichen Miteinander mahnen. Mit seiner Bibellesung
setzte er versöhnliche Akzente.
cherkommentar begleiteter Zehn-Sekunden-Clip in der
„Tagesschau“. Die besondere Atmosphäre des windum-
tosten Friedhofs auf der Insel teilte sich mit, vertiefte
und trug die Wirkung der Inszenierung.
Auf dem Weg vom
Gedenkgottesdienst
in der St. Magnus
Kathedrale in Kirk-
wall zur Kranznieder-
legung auf dem Sol-
datenfriedhof auf der
Insel Hoy passierte
das Boot mit Bun-
despräsident Joa-
chim Gauck die
auf Reede liegende
Fregatte
Schleswig-
Holstein,
die das
Staatsoberhaupt mit
der protokollarisch
festgelegten Anzahl
von Salutschüssen
und der vollzählig an
Deck angetretenen
Mannschaft grüßte
Fotos: Lutz Adam
D
ie Gedenktage, zumal solche, die mit Schlachten
oder Gefechten verbunden sind, gelten in
Deutschland regelmäßig als „schwierig“. Dafür
gibt es zunächst gute Gründe. Die kriegerischen Aktivi-
täten deutscher Staaten im vergangenen Jahrhundert,
insbesondere der von einem diktatorischen Regime ge-
führte Angriffskrieg
und die damit ver-
bundenen
sowie
Lutz Adam, geb. 1964,
zeitgleich verübten
ist Vorstandsvorsitzender
Verbrechen gegen
der DGSM und arbeitet
die Menschlichkeit
als Rechtsanwalt in
haben zu einem not-
Düsseldorf. Er ist auf der
wendigen Abreißen
Fregatte
Schleswig-Hol-
von Traditionen ge-
stein
nach Scapa Flow
führt. Das gilt auch
mitgefahren und hat an
und weiterhin für
den Skagerrak-Feierlich-
die vormaligen For-
keiten teilgenommen
men des „Heldenge-
denkens“, die stets
auch der Vorberei-
tung auf neue Opfer der Landessöhne und ihrer Familien
dienten. Dennoch entbindet das Bewusstsein, auf einer
teilweise schwierigen Vergangenheit aufzubauen, uns
nicht von der Beschäftigung mit dem, was unserem heu-
tigen Dasein vorausging.
Vielmehr verpflichtet uns gerade die Oberflächlich-
keit der Geschichtsbetrachtung vergangener Jahrzehnte,
genauer hinzuschauen und auch Formen für ein ange-
messenes Gedenken an schwierige Tage zu finden. Ge-
denktage sind eine ausgezeichnete Gelegenheit, Ge-
schichte im öffentlichen Bewusstsein lebendig werden
zu lassen. Bei der Entwicklung einer neuen, aktiveren
Kultur des Gedenkens lohnt sich ein Blick über den Gar-
tenzaun. Unsere britischen Nachbarn haben die dort
nicht abgerissene Tradition des Gefallenengedenkens
vorbildlich weiterentwickelt. In den Mittelpunkt der
von ihnen ausgerichteten Feierlichkeiten zum 100. Jah-
restag der Skagerrakschlacht stellten sie die unmittelba-
ren Opfer: Tausende Marinesoldaten beider Seiten, die
am 31. Mai 1916 und 1. Juni 1916 den Tod fanden.
Briefe, die Soldaten hinterlassen haben, die an der
Skagerrakschlacht teilnahmen, dienten den Planern der
Gedenkveranstaltung als Anknüpfungspunkt. In diesen
Schriftzeugnissen schildern die damals jungen Männer
eindrücklich sowohl ihre Ungeduld, in der kommenden
Schlacht bestehen zu wollen, als auch den Horror des
Kampfgeschehens nur wenige Tage später. So entstand
ein lebendiges Bild des fernen Ereignisses und der betei-
ligten Opfer, das berührende Nähe zuließ.
ZWEI GENERATIONEN IN KIELLINIE:
Z 10
Hans Lody
und Z 15
Erich Stein-
brink
(beide Zerstörer 1934 A) sowie
Z 20
Karl Galster
(Zerstörer 1936)
Foto: picture-alliance/WZ-Bilddienst
Bewegende Zeremonie
Als Teil des Festprogramms in der St. Magnus Kathe-
drale wurden Auszüge aus diesen Briefen von engli-
schen und deutschen Marinesoldaten rezitiert. Vorbild-
lich dabei eine junge Frau, Kapitänleutnant der deut-
schen Marine, die es übernommen hatte, aus dem Brief
eines jungen Matrosen der kaiserlichen Marine vorzu-
tragen. Zunächst professionell ruhig und scheinbar dis-
tanziert, gewannen die 100 Jahre alten Worte in der wei-
teren Gestaltung durch die Sprecherin eine Intensität,
die keinen Zuhörer unberührt ließ.
Es entstand der Eindruck, die beschriebenen und
lautmalerisch umgesetzten Einschläge der Geschosse in
den stählernen Schiffsrumpf seien nahe, hätten jeden
treffen können – auch diejenigen, die doch sicher und
geschützt in der Kirchenbank in Kirkwall oder vor dem
Fernsehschirm zu Hause saßen. Die packende Darstel-
lung hob die zeitlich-räumliche Distanz zur Skagerrak-
schlacht auf und ermöglichte es den Zuschauern für kur-
ze Augenblicke, sich mit den damals Beteiligten zu iden-
tifizieren.
Auch die Verbreitung des Gedenk-Events gelang den
Briten vorbildlich. Am heimischen Bildschirm konnte
der britische Zuschauer dank der BBC die gesamte Ver-
anstaltung live mitverfolgen. Vor Beginn des feierlichen
Gemeinsame Verantwortung
Das Rad ist von den Briten auch im Zusammenhang mit
dieser Gedenkveranstaltung nicht neu erfunden wor-
den. Aber der ruhige Ernst, die professionelle Vor- und
Aufbereitung sowie schließlich der Aufwand der Insze-
nierung und die ausführliche Berichterstattung durch
das Fernsehen und in der englischen Presse bewirkten
eine Aufmerksamkeit in der britischen Öffentlichkeit für
die historische Dimension des Weltkriegs, von der wir
in Deutschland weit entfernt sind.
Dazu gehört auch die Identifizierung von tauglichen
Symbolen, die leicht erkennbar einen emotional und his-
torisch schwierigen Zusammenhang mit dem Bedürfnis
aller Menschen verbinden, etwas zu verstehen und sich
zu erinnern. Die rote Mohnblumenblüte, die den Briten
als Symbol für ihre gefallenen Soldaten dient, wurde für
die deutschen Soldaten, die neben den britischen Kame-
raden begraben sind, um eine Vergissmeinnichtblüte er-
gänzt. Das ist ein symbolischer Anfang. Wer zur Bele-
bung von Traditionen vom früheren Feuer die Flamme
und nicht die Asche weitertragen will, ist gut beraten,
gelegentlich eine unscheinbare Blume und ein Licht des
Gedenkens auf ein Soldatengrab zu stellen.
Besondere Atmosphäre
Anschließend folgte, was wir auch von deutschen Ver-
anstaltungen kennen, die gemeinsame Kranzniederle-
gung durch das Staatsoberhaupt und die königliche Ho-
heit auf einem Soldatenfriedhof in der Nähe. Doch nach
der ausgiebigen Vorberichterstattung und dem unmit-
telbar – auch live am Fernsehschirm – mitverfolgten Ge-
denkgottesdienst mit seinen professionell platzierten
Beiträgen wirkte dieses eigentlich als Wiederholung
ähnlicher Bilder daherkommende Geschehen viel inti-
mer, persönlicher und berührender als ein vom Spre-
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