Frater Daragion - Zum Thema Dämonologie.pdf

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Gradus Mercurii-Arbeit von Frater Daragion
gegeben am Ostertreffen 1998
Dieser Aufsatz zur Dämonologie ist Teil der schriftlichen Arbeiten zum Gradus Mercurii von Frater Daragion.
Zum Thema Dämonologie
I.
II.
Historischer Überblick
Zur Definition des Begriffs „Dämon“
1.) Etymologische Herleitung und Begriffsdefinition
2.) Versuch einer Herleitung aus antiken Quellen
darin:
Exkurs – Zur Entstehung und Entwicklung des Gott-Mems
3.) Dämonen und sonstige Wesenheiten in der Klassischen Magie
4.) Moderne Ansätze
5.) Zusammenfassung
III.
Kritische Würdigung
1.) „Vergleichende Dämonologie“ – Systemkritik
2.) Kritik der Vorgehensweise bei Beschwörungen – Methodenkritik
3.) Kritik an der zugrundeliegenden Interessenlage
IV.
Weiterentwicklung
1.) Herauskristallisierung des Anliegens der Dämonologie
2.) Fazit
Anhang 1 – Funktionslisten von Dämonen aus verschiedenen Grimoarien
Anhang 2 – Zum Mythos „Necronomicon“. Briefe von H.P. Lovecraft, veröffentlicht im
Internet
Anhang 3 – Beschwörungsformel aus dem Lemegeton
Anhang 4 – Die Beschreibungen einiger Geister aus dem Lemegeton
Verwendete Literatur
I
. Historischer Überblick
Die Geschichte der Dämonologie ist über lange Zeit hinweg eine Geschichte, die von ihren Gegnern verfaßt wurde. (Dies hat sie z.B. mit den antiken
Gnostikern gemeinsam.) Die ersten Erwähnungen von Dämonen sind schon in den ältesten Zivilisationen wie Sumer, Akkad und dem alten Babylon zu
finden. Dort werden Dämonen durchweg als „böse Geister“ definiert. Es wurde damals eine Vielzahl von Anrufungen und Gebeten entwickelt, die
bewirken sollten, daß einem die Götter gegen sie beistehen. Auch Talismane, Schutz- und Abwehrriten sowie Exorzismen wurden häufig verwendet
(„und schütze mich vor den bösen Geistern, die auf der Lauer liegen“ – „und verbrenne die Hexen und Zauberer“[1]). Bereits in dieser Zeit waren die
Dämonen die Bringer des Übels, die alles Böse bewirkten. Ein Beispiel hierfür wären die babylonischen
maskim,
übersetzt „jene, die im Hinterhalt
liegen“ – also jene, die bewirkten, daß jemand von einer Reise nicht zurückkehrte. Schon damals war es üblich, daß man Hexen und Zauberern nachsagte,
sie stünden mit Dämonen im Bunde.
Das alte Ägypten dagegen unterschied weniger zwischen den bösen Göttern wie Set und den Dämonen. Bei ihnen war überhaupt die moralische Wertung,
mit der ein Gott belegt wurde (ob gut oder böse) eher fließend. Im Laufe ihrer langen Geschichte kam es diesbezüglich zu so vielen z.T. extremen
Verschiebungen – wie z.B. von Set als einem der Götter der Pharaonen und Schützer des Reiches hin zu der bösartigen Gottheit eines gehaßten
Besatzervolkes – daß für die Entstehung von Dämonen als einer feststehenden Kategorie des Bösen kein Raum blieb. Es wäre m.E. eine eher „moderne“
Einordnung, wenn man die Apophis-Schlange, die gegen den Sonnengott kämpft, als Dämon bezeichnete. Der Begriff vom Dämon war einfach damals
noch nicht üblich in der Form, in der er später entstanden ist; es wäre sicherlich zutreffender, wenn man von „üblen Geistern“ spräche, die es auch in der
ägyptischen Mythologie gab.
Es waren dann die antiken Griechen, die den Begriff Dämon (griech.
daimon)
überhaupt erst prägten. Bemerkenswert war jedoch das Verständnis der
Griechen von diesen Wesen. Sie unterschieden nämlich zunächst nicht zwischen den Worten
daimon
und
theos
(„Gott“), und die Begriffe wurden über
lange Zeit hinweg völlig synonym gebraucht. Es gab zwar die Unterscheidung zwischen guten und schlechten
daimones,
die nach ihren Wirkungen
unterschieden wurden. Aber erst unter dem Einfluß des Christentums wurde die Unterscheidung zwischen Dämonen als den Repräsentanten des Bösen
und den Engeln auf der anderen Seite getroffen (die auf den griechischen
aggeloi
– „(Götter)boten“ – beruhten). Bei den Griechen fallen auch die schon
in früheren Mythologien bedeutsamen Totengeister begrifflich mit den Dämonen zusammen. Sie wurden als
nekyodaimones
oder
nekrodaimones
bezeichnet. Hier liegt auch die Schwierigkeit begründet, die Dämonologie von der Nekromantie (der Weissagung aus oder durch Tote) abzugrenzen.
Diese Schwierigkeit liegt z.T. auch in einer ähnlichen Begriffswahl; so wird die Dämonologie auch als Nigromantia bezeichnet[2]. Gerade bei den
Griechen ergibt sich also das Problem, daß Dämonen im engeren Sinne (nämlich als dunkle Gegenhierarchie zu den Mächten des Lichts) schwer von
Göttern, Geistern eines Ortes oder Totengeistern abzugrenzen sind. Jene Durchmischung setzt sich bis in die Zauberbücher der Renaissance fort, wo viele
der Dämonennamen noch als verstümmelte Varianten alter Gottesnamen zu identifizieren sind[3].
Die Mythologie ist sich in den frühen Zivilisationen – bei den Griechen mit Einschränkung – einig, daß Dämonen üble Wesen sind, die soviel Macht über
Menschen haben, daß sie für alles Üble zuständig sind. Der Gedanke hingegen, daß ein Magier jene mächtigen Wesen für seine Zwecke einspannen
könne, ist zwar alt – schon im alten Babylon wurden der Dämonenmagie verdächtige Zauberer auf Scheiterhaufen gestellt. Aber die erste
„Gebrauchsanleitung“, welche mir dem Namen nach bekannt ist, tritt erst vergleichsweise spät auf. Dabei handelt es sich um das „Testamentum
Salomonis“, welches aus der Zeit zwischen 100-400 n.u.Z. stammt[4]. Vom Inhalt her dürfte es dabei um eine Abwandlung des Mythos um König
Salomo aus dem Alten Testament handeln. Demnach habe der weise König Salomon als Lohn seiner Dienste für Gott Herrschaft über einige Geister
erhalten. Jene wiederum sollen ihm dann ermöglicht haben, Wissen, Macht und Reichtum zum größeren Ruhme Gottes anzuhäufen.
Dieser und ähnliche Mythen werden im Mittelalter und der Renaissance von einigen Magiern wieder aufgegriffen. Jene Epoche war die Blütezeit der
Grimoires (oder eingedeutscht Grimoarien). Dabei handelte es sich um Zauberbücher, die mit einer Auflistung bestimmter Dämonen samt
Zuständigkeitsbereichen und Beschwörungsformeln dem Magier ein Werkzeug an die Hand geben sollte, um die Dämonen zu beherrschen und in seine
Dienste zu verpflichten. Dennoch fällt es enorm schwer, eine Art „Ahnengalerie“ zum Thema Dämonologie zusammenzustellen, da aus verständlichen
Gründen nur wenige praktizierende Dämonenbeschwörer mit ihren Erkenntnissen an die Öffentlichkeit gegangen sind. Entsprechend wenig weiß man
auch um die Lebensumstände der Autoren der alten Grimoarien, und ob es sich dabei tatsächlich um Praktiker handelte oder nicht.
Historische Persönlichkeiten, denen man nachsagt, daß sie praktizierende Dämonologen gewesen seien, sind dünn gesät und erweisen sich bei näherer
Betrachtung entweder als mythologische oder zumindest nicht mehr nachvollziehbare Gestalten (wie z.B. „Abraham von Worms“, der angebliche
Verfasser der „Heiligen Magie des Abramelin“, oder der große König Salomo) oder als jemand mit vielleicht einem gelehrten Interesse am Thema, der
aber keinen nachweisbaren praktischen Bezug dazu hat. Beispiele für letztere Kategorie sind Cornelius Agrippa von Nettesheim (anscheinend, ebenso wie
John Dee, eine der Vorlagen für die Figur des Faust), und Johannes Wierus (Weyer). Nach „Magie und Sternenzauber“ war Agrippa kein praktizierender
Dämonenbeschwörer – das vierte Buch seiner „De Occulta Philosophia“, welches sich mit dem Thema Geisterbeschwörung befaßt, wurde ihm später
untergeschoben, wie es ja damals gang und gäbe war. Auf diese Weise gewann man auf der einen Seite den Namen einer Autorität für seine Bücher, und
schützte auf der anderen Seite seine eigene Haut. Johannes Wierus, der Schüler von Agrippa, war nach Biedermann ein Gegner der Hexenverfolgung und
wurde daher stark von Jean Bodin (Johannes Bodinus) angegriffen, einem der bedeutenderen Autoren, der sich gegen Hexen, Zauberer und Dämonen
richtete[5]. Jener Jean Bodin erhob dann auch den Vorwurf, daß Wierus ein Dämonenbeschwörer sei. Dagegen spricht, daß Wierus damals schon eine
Persiflage eines „höllischen Dienststellenplanes“ verfaßte, das Buch „Liber apologeticus de Pseudo-Monarchia Daemonum“. Als letztes klassisches
Beispiel für jemanden, dem die Befassung mit der Dämonologie nur von seinen Gegnern nachgesagt wurde, sei John Dee genannt. Dieser war der
Begründer der Henochischen Magie, und nach Aussage von Frank-Daniel Schulten[6] war er eher Spiritist als Dämonologe.
Daß keiner der genannten klassischen Autoren sich als Dämonenbeschwörer „outete“, ist ziemlich verständlich, wenn man sich die Drücke und Zwänge
gerade im sogenannten Zeitalter der Aufklärung vor Augen führt. Wer sich öffentlich zu solchen Dingen bekannte, mußte damit rechnen, auf dem
Scheiterhaufen zu enden, und immer wieder mußten sogar die oben genannten Autoren fliehen oder verloren die Gunst eines der Fürsten, in dessen
Diensten sie standen. So kam es wohl auch zu jener Tradition, die dem Problem dadurch aus dem Weg zu gehen trachtete, daß sie sich unter dem
Deckmantel christlicher Tugend und aufklärerischer Gelehrsamkeit mit dem Thema befaßte. Der letzte bedeutende Exponent dieser Richtung war dann
auch Samuel Liddell MacGregor Mathers, das Ordensoberhaupt des Golden Dawn, der mit dem gleichen moralisch erhobenen Zeigefinger aus alten
Manuskripten das „Grimoire Armadel“, „Die Heilige Magie des Abramelin“ und den „Schlüssel des Königs Salomon – Clavicula Salomonis“ übersetzte.
In der modernen magischen Szene sind es dann vergleichsweise viele, die ihre Befassung mit der Dämonologie öffentlich bekanntgaben. Da ist zum einen
– natürlich – Aleister Crowley, der in dem von ihm herausgegebenen Magazin „Equinox“ Bartzabel[7]-Evokationen abdruckte und auch sonst ziemlich
viel mit Dämonen herumexperimentierte. Am berühmtesten war wohl seine „Evokation[8]“ des Dämons Choronzon, des Hüters des Abyssos[9] im Zuge
seiner Bereisung der Äthyre[10] des Henochischen Systems[11]. Auch in der Chaosmagie, dem Kursus der Praktischen Magie und den Reisen durch die
Sphären, die im Hermetischen Orden der Goldenen Dämmerung einen hohen Stellenwert einnahmen, finden sich noch praktische Angänge an die
Dämonologie (als dem Bemühen um die Herstellung von Kontakt zu fremden Wesen). Festzuhalten bleibt jedoch, daß in der modernen Magie die
Dämonologie mehr und mehr den Stellenwert einer Antiquität einnimmt – irgendwo geachtet, aber unpraktisch und aufgrund ihres dogmatischen
Ballastes für die Praxis verworfen. Einen wirklich praktischen Angang haben allerdings noch in jüngster Zeit S. Jason Black und Christopher S. Hyatt mit
ihrem Buch „Pacts with the Devil“ versucht, in dem sie die alte Thematik des Teufelspaktes mit einigen alten Quellen angereichert in eine modernere
Form bringen. Dennoch zeigt sich eine zunehmende Tendenz zur Psychologisierung der Dämonologie, die ja – seit Austin Osman Spare – insgesamt mit
einem psychologischen Modell der Magie einhergeht.
Die wenigen, die sich wohl wirklich noch „ernsthaft“ mit Dämonologie beschäftigen, sind wohl eher in der Ecke der „schwedischen Volksmusik“ zu
suchen – also dem Umfeld der skandinavischen Death-Metal-Musik. Immerhin gibt es dort mit dem „Dragon Rouge“ einen in seiner Selbstdarstellung im
Internet „echt schwarzmagischen“ Orden mit angeblich über 500 Mitgliedern. In diesem Umfeld gedeihen auch Bands wie z.B. „Therion“, die in einigen
ihrer Lieder „barbarische Namen der Evokation“ (entstelltes Henochisch) einfließen lassen und sich ganz offen als Dämonenbeschwörer geben. So war es
denn bis vor einigen Jahren (und wahrscheinlich auch heute noch) üblich, daß man in einschlägigen Musikkatalogen wie z.B. Frontline auch gleich das im
Schikowski-Verlag erschienene „Necronomicon“ mitbestellen konnte. Letzteres stammt ja angeblich aus dem Nachlaß von Altgroßmeister
∴Gregor
A.
Gregorius∴, auch wenn die 1980 bei dem amerikanischen Verlag Avon Books erschienene Originalausgabe noch von irgendeinem mysteriösen
Reisenden namens Simon zu berichten wußte, der das magische Manuskript den entzückten Verlegern überbrachte ... Gerade die Mythologie um das
Necronomicon, welches Lovecraft selbst in seinen Briefen immer wieder als literarische Fiktion darstellte[12], ist eine echte Stilblüte in der Geschichte
der Magie. Daß die Renaissance mit ihrer Suche nach der Bemächtigung durch das eine, wahrhaft mächtige Zauberbuch noch nicht vorbei ist, zeigen
Bücher wie „Das Buch der Toten Namen – Necronomicon“[13], wo endloses Gefasel über verlorene Originalmanuskripte, entschlüsselte
Geheimdokumente, Verfolgung durch die Nazis usw. usf. schließlich in einem „Grimoire“ kulminieren, wie es ein Sechzehnjähriger nach der Lektüre von
einem dieser alten Zauberbücher, einigen Lovecraft-Romanen und mehreren Litern Bier nicht schlechter hätte zusammenschustern können ...
II
.
Zur
Definition des Begriffs „Dämon“
II.1.) Etymologische Herleitung und Begriffsdefinition
Um überhaupt den Begriff „Dämon“ näher fassen zu können, als es die antiken Mythologien tun – die ja alle zu dem Schluß kommen, daß es sich dabei
um „üble Geister“ handele – ist es an dieser Stelle erfolgversprechender, sich der Etymologie des Wortes „Dämon“ zu widmen. Es stammt vom
griechischen Wort
daimon
ab, dem das Verb
daiesthai
für „teilen, zuteilen“ zugrunde liegt. Ein Dämon wäre demnach ein Teiler oder Zuteiler, und hier
machten die Griechen noch einen Zusatz, nämlich daß es sich dabei um einen Zuteiler des Schicksals handele. Diese Funktion deckt sich mit der
Anschauung über die Zuständigkeitsbereiche von Göttern (mit denen Dämonen ja zunächst identisch waren) oder solchen Schicksalsherrschern wie den
Moiren, Parzen oder in der nordischen Mythologie den Nornen. Was aber wird von ihnen zugeteilt? Glück, Gesundheit und ein langes Leben – welche
allesamt von den Griechen als Ressourcen begriffen wurden. Ressourcen aber sind ihrem Wesen nach begrenzt, so daß sich die Notwendigkeit der
Verteilung in einer Gesellschaft ergibt. Genauer genommen stellt diese Not der begrenzten Ressourcen eine der Grundlagen der Gesellschaft und des
damit verbundenen Wirtschaftens dar. Da der Mensch sich nur selten als Herr seines eigenen Schicksals betrachtet hat, nimmt es nicht wunder, daß für
derart wichtige Verteilungsentscheidungen ein übermenschliches Wesen als zuständig gedacht wurde. Für eben diese Funktion wurden anscheinend die
Götter und Dämonen „erfunden“. Da der große Ressourcenkuchen aber begrenzt ist, und die Teilung dadurch immer zum Lamento der Zu-kurz-
Gekommenen führt, vollzog sich später eine Funktionstrennung zwischen den „guten Verteilern“ (solche, deren Wirken akzeptable Ergebnisse zeitigte)
und den „bösen Verteilern“. Letztere wären dann diejenigen, deren alte Brot-und-Spiele-Strategie zur Ruhigstellung der Menschen nicht mehr griff, die
also den Menschen nicht mehr über die Not und den Mangel hinwegtäuschen konnten. Erstere wurden zu Göttern, die letztgenannten zu Dämonen, wobei
es sich dabei um eine moralische und subjektive Unterscheidung handelte. Darüber hinaus ist diese Unterscheidung nur als jenseitig zu bezeichnen, denn
– die Existenz der Dämonen mal vorausgesetzt – es dürfte weder für Dämonen noch für Götter relevant sein, in welchem Ansehen sie unter den Menschen
stehen. Tatsächlich sind gerade die griechischen Götter mit ihren ständigen Einmischungen durchaus als Soziopathen zu bezeichnen.
Ein Dämon – als Teiler – hat Verfügungsgewalt über die Ressource, die er teilt, d.h. es mangelt ihm nicht daran; denn schließlich sitzt er – menschlich
gesprochen – an der Quelle. Vielleicht kann er sogar überhaupt erst als Teiler begriffen werden, wenn er der geteilten Ressource nicht bedarf. So ist der
Dämon also ein Wesen, welches mächtiger ist als der Mensch, denn er ist nicht seinen Nöten und Beschränkungen unterworfen – ähnlich wie der
Totengeist den Tod nicht mehr zu fürchten hat und auch nicht durch seinen Körper beschränkt wird.
Dämonen sind also hier wie folgt definiert: es handelt sich dabei um fremde Wesen, die mächtiger sind als der Mensch, da sie über Ressourcen bzw.
deren Verteilung gebieten, die für den Menschen lebensnotwendig sind. Gerade aufgrund dieser überlegenen Funktion ist der Dämon auch nicht den
menschlichen Nöten unterworfen.
Wenn der Dämon in einem weiteren Schritt zur „Personifikation“ all dessen geworden ist, dem man unterworfen ist (Triebe wie Sexualität, die Not, sich
orientieren / ernähren / schlafen zu müssen, der Tod ...), wird er zur Bezichtigungsinstanz. (Denn: „Ja, dem geht’s gut, während wir hier schuften
müssen.“ Diese Verhaltensweise wird von allen, die sich als benachteiligt betrachten, verwandt – jammern, sich aufplustern und drohen oder
einschmeicheln sind die üblichen Antworten darauf, und finden sich folgerichtig auch in der Dämonologie.)
Ein Problem der Betrachtungsweise, der Dämon sei „mächtiger als der Mensch“ ist, daß hiermit eine Vergleichbarkeit von Mensch und Dämon impliziert
wird. Der Mensch stellt sich dann dar als ohnmächtiges Wesen, welches aber die Existenz von mächtigen Wesen postuliert, mithin also behauptet, etwas
von Macht zu verstehen. M.E. liegt aber zwischen dem Dämon und dem Menschen eine unüberbrückbare Kluft, nämlich die Kluft zwischen Macht und
Ohnmacht. Dies ist möglicherweise mit dem kabbalistischen Bild vom Abyssos angesprochen, der vom Magier überquert werden muß, um das
Menschliche mit seiner Begrenztheit hinter sich zu lassen.
II.2.) Versuch einer Herleitung aus antiken Quellen
II.2.a.) Die Totengeister,
nekyo-
bzw.
nekrodaimones.
Bevor ich auf die Darstellung der historischen Entwicklung der Vorstellung von Dämonen in der Klassischen Magie zu sprechen komme, will ich eine
Spekulation darüber anstellen, wie sich die Vorstellung von den Totengeistern entwickelt haben mag. Dazu stelle ich den folgenden Versuch an zu einer
Ableitung aus einer Szene, wie sie irgendwann bei den Altvorderen stattgefunden haben mag. Diese (spekulative) Szene könnte sich in etwa so
zugetragen haben:
Die Protagonisten dieser Geschichte sind irgendein beliebiger Stamm von urzeitlichen Jägern, die sich in einer ziemlich schlechten Situation befinden, da
es ihnen an Nahrung fehlt. Und zu allem Überfluß liegt der beste Jäger des Stammes nur noch rum, atmet nicht, spricht nicht, handelt nicht, kurz: es fehlt
Zgłoś jeśli naruszono regulamin